Rebhuhnhegering Groß-Gerau und IG Offenlandarten

Mehrjähriger Blühstreifen HALM

Einer der effektivsten Maßnahmen zur Stützung der Rebhuhnpopulation ist die Anlage von mehrjährigen Blühstreifen. Für die Anlage von mehrjährigen Blühstreifen besteht die Möglichkeit sie über HALM zu finanzieren oder sie im Rahmen des Greenings anzulegen.

Der Blühstreifen nach HALM hat eine Mindestbreite von 5 m und eine Mindestgröße von 1.000 qm aufzuweisen, darf jedoch nicht die Größe von einem Hektar überschreiten. Der Blühstreifen muss über 5 Jahre auf derselben Fläche beibehalten werden. Es dürfen maximal 10 % der förderfähigen Ackerkulturen des Antragsstellers mit Blühstreifen bestellt werden.

Flächen, auf denen die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und/oder von stickstoffhaltigen Düngemitteln rechtlich verboten ist, sind nicht förderfähig. Aus diesem Grund sind auch Blühstreifen nicht innerhalb von Naturschutzgebieten förderfähig. Eine Nutzung des Aufwuchses ist nicht gestattet. Es darf jedoch zwischen dem 1. September und 10. Oktober ein Mulchen oder Mähen der Fläche erfolgen. Empfohlen wird in der Richtlinie, dass maximal 70 % der Fläche gemäht oder gemulcht wird.

Die Ansaat des Streifens hat bis zum 30. April zu erfolgen. Die Bewilligungsbehörde kann auf Antrag eine Verlängerung bis zum 31. Mai zustimmen. Für das Saatgut wird vorgeschrieben, dass es mindestens 30 Prozent Gewichtsanteil von gebietsspezifischem Saatgut von Wildpflanzen mit gesichertem regionalem Herkunftsnachweis enthalten soll. Die restlichen bis zu 70 % des Saatgutes dürfen aus Kulturarten bestehen. Die Richtlinie gibt in einem Anhang die zu verwendenden Arten an. Um den Bestand zu etablieren und um unerwünschte Konkurrenzpflanzen zu beseitigen, ist es gestattet einen Schröpfschnitt, außerhalb des oben genannten Zeitraums durchzuführen. Die Beseitigung der Fläche darf nicht vor dem 31.12. des letzten Verpflichtungsjahres erfolgen. Die Höhe der jährlichen Zuwendung beträgt 600 Euro je Hektar Blühstreifen/-flächen (HMUKLV 2017).

Bewertung und Optimierung der Maßnahme

Die Eignung als Brutplatz und die Insektenverfügbarkeit zur Aufzuchtszeit eines mehrjährigen Blühstreifens wird als sehr hoch eingeschätzt. Im ersten Verpflichtungsjahr besteht noch keine Möglichkeit zur Anlage eines Erstgeleges, die Fläche kann aber zur Hauptschlupfzeit des Rebhuhns zur Insektenaufnahme genutzt werden. In den Folgejahren ist mit einer erhöhten Nahrungsverfügbarkeit für die Küken durch u.a. überwinternde Insekten innerhalb des Blühstreifens zu rechnen. Da der Blühstreifen mehrjährig ist, bietet er auch eine sehr hohe Winterdeckung und Nahrungsverfügbarkeit im Winter durch Grünäsung und Samen. Voraussetzung ist hierbei aber, dass keine Mahd oder Mulchen zwischen September und Ende Oktober stattfindet, da sich am Ende der Vegetationszeit keine ausreichende Pflanzenhöhe mehr einstellt. Zusätzlich wird den Insekten der Überwinterungslebensraum genommen bzw. werden diese durch den Mulchvorgang sogar getötet. Händisches Ausmähen von Problemunkräutern wie Ackerkratzdisteln sollte aber weiterhin erfolgen um die Akzeptanz der Maßnahme nicht zu gefährden.

Zwar empfiehlt Kirmer (2016) zur Anlage eines möglichst artenreichen Blühstreifens unabhängig vom HALM einen Pflegeschnitt Ende März und im Juni / Juli einen weiteren abschnittsweisen Schnitt in einem Abstand von 6 bis 8 Wochen in einer Höhe von 10-15 cm, jedoch ist es durch den frühen Schnittzeitpunkt nicht möglich, dass innerhalb des Blühstreifens ein Rebhuhngelege erfolgreich aufgezogen wird.

Aus diesen Gründen ist auf eine Mahd oder Mulchen im Interesse von Bodenbrütern zu verzichten. Bei der Auswahl eines förderfähigen Saatgutes sollte auf die Verwendung von Gräsern verzichtet werden, da die Flächen zum Vergrasen neigen und sich sehr dichte Bestände bilden, welche negative Auswirkungen auf das Führen der Küken und Nahrungsaufnahme im Sommer hat bzw. als Brutplätze ggf. gar nicht mehr angenommen werden. Zwei HALM-konforme Saatgutmischungen ohne Gräser bietet beispielsweise Saaten Zeller mit der Mischung „Lebensraum 1“ und „Veitshöchheimer Bienenweide“ an (http://www.saaten-zeller.de/landwirtschaft/agrarumweltmassnahmen).

Generell ist bei mehrjährigen Beständen zu erwarten, dass sie im ersten Jahr sehr wüchsig sind und in den folgenden Jahren, dann die Wüchsigkeit abnimmt und die Habitatqualitäten dadurch zunehmen.

Die Breite des Streifens sollte deutlich über die Mindestbreite von 5 m hinausgehen. Eine Breite von 10 bis 20 m ist als Mindestmaß einzuhalten. Es hat sich im Göttinger Rebhuhnschutzprojejtk gezeigt, dass sich das Prädationsrisiko bei der Verbreitung von 10 auf 20 m halbiert (Gottschalk und Beeke 2014). Um das Prädationsrisiko der brütenden Henne und des Geleges zu verringern, kann auch eine quadratische Form innerhalb eines Schlages gewählt werden, alternativ wäre es auch bei einer streifenförmigen Anlage möglich im Bereich der Vorgewende den Blühstreifen auszusparen. Die Vorgewende sollten dann in die Bewirtschaftung der Hauptkultur einbezogen werden. Prädatoren verwenden insbesondere die Fahrspuren in Feldfrüchten um die Ackerflächen zu erschließen. Das Prädationsrisiko kann somit gesenkt werden (Berger 2012).

Eine quadratische Form innerhalb eines Schlages lässt sich jedoch schwieriger in die Bewirtschaftung integrieren und führt zu größeren Ertragseinbußen durch größere Randlinienstrukturen und Vorgewende und sollte daher nur in besonderen Fällen zur Anwendung kommen. Diese Maßnahme würde sich bei Ausgleichsmaßnahmen anbieten, wenn der Mehraufwand dem Landwirt gesondert vergütet wird. Dabei sollten auch nur auf sehr großen Schlägen ein Blühstreifen innerhalb des Schlages platziert werden, bei einer Schlaggröße von durchschnittlich 2,9 ha ist dies nicht notwendig.

Es wurde festgestellt, dass bei Blühstreifen von einem Hektar sich die Kükenauzucht überwiegend in dieser Fläche stattfindet und die Küken das angrenzende Getreide gelegentlich aufsuchten aber sich nie mehr als wenige Meter von dem Blühstreifen entfernten. Bei einem 3 Hektar großen Schlag hat die Henne sowie deren Küken die Fläche von Mai bis August nie verlassen (Gottschalk und Beeke 2014). Aus diesen Grund sollten die Blühstreifen auch so groß wie möglich gewählt werden. Zu beachten ist jedoch die Maximalgröße von 1ha in der HALM-Förderung. Diese Maximalgröße sollte auch aus Gründen der Biodiversität aufgehoben werden.

Bei der Ersteinsaat des Streifens sollte ein späteres Datum gewählt werden, da Ende April noch mit Spätfrösten zu rechnen ist und die bis zu 70 % enthaltenen Kulturarten des Saatgutes teilweise frostempfindlich sind.

Falls es mit dem Betriebsablauf des Antragsstellers vereinbar ist, sollte im letztens Verpflichtungsjahr die Beseitigung der Fläche nicht vor Ende Februar erfolgen. Somit kann die Fläche noch eine geeignete Winterdeckung bis zur Revierbildung der Rebhühner darstellen.

Brutdeckung Insektennahrung Winternahrung Winterdeckung
++ ++ + ++

Eignung: ++ = sehr gut, + = gut, o = mittel, – nicht gegeben

Synergieeffekte für andere Arten

Durch die Anlage der Blühflächen können auch andere gefährdete Arten des Offenlandes profitieren.

Im Artenhilfskonzept von 2011 für die Grauammer gab es auch eine Probefläche in der Gemeinde Trebur. Die Probefläche liegt zwar nicht innerhalb des Untersuchungsgebiets aber es kommen nach Auswertung der Grunddatenerhebung für die Vogelschutzgebiete auch Grauammern in dem Untersuchungsgebiet vor. Im Artenhilfskonzept wird als unterstützende Maßnahmen für die Grauammer die Förderung von Brachen, Säumen, Singwarten und Überwinterungsquartieren für die Probefläche genannt. Zusätzlich wird die Zufütterung von Getreide- und Kräutersämereien vom Herbst bis in den Frühling empfohlen, um die Wintermortalität der Art zu senken (Sacher und Bauschmann 2011). Alle diese Funktionen können durch einen Blühstreifen auch für die Grauammer erfüllt werden.

Der Gartenrotschwanz, welcher insbesondere in Streuobstbeständen vorkommt, kann durch die Anlage von blütenreichen Säumen und Blühstreifen, profitieren um seine Jungen zu versorgen (Stübing und Bauschmann 2013).

Mit Blühstreifen und Blühflächen ist es ebenfalls möglich die Revierdichte von Feldlerchen zu steigern. Dabei sollte die Mindestbreite 5 bis 10 m und die Maximalbreite 20 m bei einer streifenförmigen Anlage betragen. Um eine volle Wirksamkeit zu entfalten, sollten die Streifen min. 200 m voneinander entfernt sein. Bei der Blühfläche wird eine Breite von etwa 50 m empfohlen mit einem an allen Außenlinien angrenzendem 2 m breiten Schwarzbrachestreifen. Es sollte auch keine Vergrasung der Blühelemente stattfinden (Bernshausen und Kreuzinger 2010).

Auch der Feldhamster kann von der Anlage von Blühstreifen profitieren. Informationen zu dem Vorkommen von Feldhamstern im Untersuchungsgebiet sind unter dem Punkt 7.11 zu finden (HLNUG 2017a).

Bei einer faunistischen Evaluierung von Blühstreifen in Bayern wurde festgestellt, dass innerhalb von Blühflächen im Winter mehr Hamsterbauten angelegt wurden als in Ackerflächen. Es wurde davon ausgegangen, dass innerhalb der Blühflächen aufgrund seiner Deckungsstrukturen die Prädationsrate geringer ist als in angrenzenden Ackerflächen. Es zeigte sich, dass die Hamsterbesiedlung mit der Zunahme von Gräsern und der daraus resultierenden hohen Vegetationsdichte abnimmt (Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz 2014). Daher sollte auch für den Feldhamster bei der Anlage von Blühflächen darauf geachtet werden, dass sich keine Gräser in den Saatgutmischungen befinden.

Auch Reptilien können durch die Anlage von mehrjährigen Blühstreifen profitieren, wenn die Bodenverhältnisse es, wie in dieser HALM-Fläche, zulassen.

Kostenberechnung

Da vielfach aus wirtschaftlichen Gründen die Anlage von mehrjährigen Blühstreifen abgelehnt werden, wurden die Kosten für die Anlage und die Verrechnung mit den HALM-Fördersatz gegenüberstellt.

Bei einem 5-jährigen Blühstreifen beträgt der Ertrag pro ha im Durchschnitt ca. 520 € abzüglich aller Kosten. Bei der Anlage des 5-jährigen Streifens fallen nur im ersten Jahr Herstellungskosten an. In den nächsten Jahren sind keine Personen- oder Maschinenkosten zu berücksichtigen.

Kulturart 2012
(dt)
2013
(dt)
2014
(dt)
2015
(dt)
2016
(dt)
Durchschnittsertrag (dt) Leistung (€)
Winterweizen 58,7 k. A. 80,2 75,1 66,2 70,05 -1,39
Sommergerste 54,7 k. A. 55,2 53,7 44,8 52,10 47,87
Raps 34,5 k. A. 46,6 38,1 k. A. 39,73 301,26
Zuckerrüben 710,0 k. A. 865,8 721,6 702,1 749,87 871,86
Körnermais
(Hessen)
98,3 85,5 102,0 83,4 99,9 93,82 186,15
Durchschnittleistung (€) 281,15

Vergleicht man die Durchschnittsleistung der dargestellten Kulturen liegt der Ertrag bei einem mehrjährigen Blühstreifen mit Ausnahme der Zuckerrübe, deutlich über dem Ertrag des Blühstreifens. Bei schlechten Winterweizenerträgen und einem schlechten Marktpreis können sogar Verluste eingefahren werden. Wobei hier zu betrachten ist, dass die Erträge in den Rheinauen etwas höher als im gesamten Landkreis sind. Auch in einer Fruchtfolge der 5 Kulturen liegt der Blühstreifen noch deutlich im Ertrag vor den vorgenannten Kulturen.

Nicht betrachtet wurden hierbei Sonderkulturen und Kartoffeln. Hier liegen die Erträge über einem mehrfachen dieses Wertes. Durch Direktvermarktung lassen sich dazu noch höhere Erträge erzielen. Auch die agrarstrukturellen Förderungen für die beihilfefähigen Flächen der gemeinsamen Agrarpolitik wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Diese Förderung wird aber auch für die HALM-Flächen gezahlt.

Da im Untersuchungsgebiet noch keine mehrjährigen Blühstreifen angelegt worden sind, wäre es für Landwirte empfehlenswert von den Kulturen, welche einen geringeren Ertrag erzielen, stattdessen kleinere Blühflächen anzulegen.

Auch bei der Anlage eines 0,1 ha großen Blühstreifens auf einem Zuckerrübenschlag wird nur ein Verlust von 35 € für dieses Anbaujahr erzielt. Dieser Betrag geht bei einem Betrieb durch die jährliche Schwankung der Erträge und Marktpreise unter. Es können auch mehrere Betriebsinhaber an einer Schlaggrenze Blühstreifen anlegen um eine größere Fläche zu erzielen. Je größer die Fläche ist, desto größer sind positiven Auswirkungen für die Rebhühner einzuschätzen.