Rebhuhnhegering Groß-Gerau und IG Offenlandarten

Fortpflanzung

Als Brutplatz dienen extensive Strukturen wie Randstreifen, Gräben, Hecken, Brachen und Blühstreifen. Sind diese nicht vorhanden, werden auch die Ränder von landwirtschaftlichen Schlägen genutzt. Je nach Witterungsverlauf lösen sich die im Winter gebildeten Rebhuhn-ketten im Frühjahr zwischen Februar und April auf und bilden Paare mit eigenen Revieren aus. Die Eiablage beginnt meist Anfang Mai, der Brutbeginn im Juni. Im Göttinger Rebhuhnschutzprojekt liegt der durchschnittliche Schlupfbeginn beim 2. Juli. Es wurde bei dem Projekt im Rahmen einer Telemetriestudie die Nistplätzte festgestellt. Von 71 Nestern konnten 59 Nistplätze bestimmt werden. Von diesen 59 Nistplätzen befanden sich nur 2 Stück in Getreidefeldern, die anderen in mehrjährigen Strukturen. Demnach befanden sich die 16 Nester in Feldrainen, 13 in Blühstreifen, 11 in Wiesen, 9 in Hecken, 4 in Brachen und 3 Nester in Weiden (Laux et al. 2017; Gottschalk und Beeke 2014). Dabei ist zu bedenken, dass wenn wie im Göttinger Rebhuhnschutzprojekt bereits 1.000 Blühflächen mit einer Flächengröße von 540 ha angelegt worden sind, diese auch bevorzugt angenommen werden und die Rebhühner nur in seltenen Fällen auf das Wintergetreide ausweichen.

In einer anderen Studie wurden Brutplätze von Rebhühnern in Kassel (Hessen) und in Sanomierz (Ostpolen) verglichen. Es ist festzustellen, dass in den untersuchten Gebieten in Deutschland die Nutzung von Wintergetreide als Brutplatz deutlich geringer ausfällt als in Ostpolen. Dies begründet sich unter anderem damit, dass es in dem Untersuchungsgebiet in Polen kein extensiv genutztes Grünland oder Ruderalfluren gab. Weiterhin wurde die Höhe und Dichte der Vegetation an den genutzten Flächen untersucht. Dabei zeigte sich, dass das Rebhuhn im Mai Vegetationsstrukturen mit einer Höhe von 20 bis 60 cm und einem relativ geringen Blattflächenindex von 1 bis 3 m2 m– 2 nutzt. Das Wintergetreide in Kassel hat im Gegensatz zu Sandormierz ein deutlich höherer Blattflächenindex, was mit der stärkeren Düngung in Deutschland begründet wird. Daher spielt auch intensiv bewirtschaftetes Grünland im Gegensatz zu Grünlandbrachen als Nistplatz in Deutschland keine Rolle (Leuschner und Wübbenhorst 2006).

Wirtschaftsgrünland frischer Standorte (Arrhenatheretalia) sind prinzipiell von ihrer Struktur her als Nistplatz geeignet, weisen aber teilweise zu hohe Vegetationshöhen auf. Feuchtgrünland (Molinietalia) besitzt meist eine besonders hohe Vegetationsdichte und ist daher für Rebhühner weniger attraktiv. Degeneriertes oder ruderalisiertes Grünland stellte sich meist als geeignet für die Anlage von Gelegen dar, wogegen Staudenfluren mit einer Dominanz von der Großen Brennnessel (Urtica dioica) außerhalb des Präferenzbereiches von Rebhühnern liegen. Ebenfalls als Brutplatz gemieden wird Raps. Der Anfang Mai bereits Höhen von deutlich über 1 m aufweisen kann (Wübbenhorst 2002).

Diese Ergebnisse verdeutlicht wie wichtig mehrjährig, extensive Flächen für die Reproduktion von Rebhühnern sind.
Insbesondere orientieren sich Rebhühner bei der Wahl ihres Nistplatzes auch an der vorjährigen Vegetationsstruktur, wodurch Brachen, Blühstreifen und Ruderalfluren auch so wichtige Strukturen im Offenland darstellen (Gottschalk und Beeke 2014).
In Nordzentralfrankreich wurden Mitte der 90er ca. 1.000 Hennen besendert. Dabei konnten die Niststandorte von 407 Erstgelegen und 141 Zweitgelegen ausgewertet werden.

Landwirtschaftliche Kulturen Erstgelege Zweitgelege
Anteil an Nistplätzen,
gerundet (%)
Anteil an Nistplätzen,
gerundet (%)
Getreide 65 37
Böschungen 5 6
Straßenränder 3 6
Gräben 4 5
Hecken 2 1
Brachen 6 10
Sonstiges Anbaufrüchte (u.a. Raps, Sonnenblumen, Mais) 3 22
Viehfutter 4 3
Grünland 3 1
Sonstige Flächen 3 9
Foto: P. Fülling, Trebur, 05.08.2014

Es zeigte sich, dass auch in dieser Studie ein Großteil der Rebhühner ihr Gelege in Getreideflächen anlegt. Die restlichen Nistflächen weisen ein breites Spektrum auf, wobei hier lineare Strukturen noch eine hohe Nutzung als Niststandort aufweisen. Das Nachgelege weist eine höhere Variabilität auf. Insbesondere Sommeranbaufrüchte können zum späteren Zeitpunkt durch das Rebhuhn als Niststandort genutzt werden.

Weiterhin wurde festgestellt, dass im Getreide die Gelege zu 78 % maximal 20 m entfernt vom Feldrand und ca. 38 % der Nester nur wenige cm bis zu 5 m von den Traktorfahrspuren bzw. dazwischenliegen. Die Ergebnisse verdeutlichen wie wichtig Randstrukturen für die Anlage von Nestern sind (Bro und Clobert 2000).

Mais, Hackfrüchte und Sommergetreide kommen als Brutplatz aufgrund ihrer geringen Wuchshöhe im Mai nicht als Brutplatz in Frage. Laut Wübbenhorst (2002) weisen Leguminosen zwar Anfang Mai eine entsprechende Vegetationshöhe auf, besitzen aber zu diesem Zeitpunkt noch einen weiten Reihenabstand von 10 bis 20 cm und bieten damit keine ausreichende Brutdeckung. Dagegen beschreiben Bro und Millot (2013), dass Luzerne gerne vom Rebhuhn als Nistplatz angenommen wird. Es ist hier sicherlich zu unterscheiden, wann und in welcher Form Luzerne angelegt werden, da auch eine mehrjährige Nutzung von Luzernen möglich ist und dann auch eine Nutzung für Rebhühner interessanter erscheint.

Extensiv genutzte, kleinflächige Streuobstwiesen können noch als wichtiger Lebensraum genutzt werden. Intensiv bewirtschaftete Obstplantagen stellen aber kein geeignetes Bruthabitat dar.

Im Durchschnitt legt die Henne 16 Eier mit einem Legeabstand von 1,5 Tagen. Die Henne beginnt mit der Brut erst bei der Ablage des letztens Eies. Bei einem Gelegeverlust kommt es zu einem Nachgelege, welches im Durchschnitt aus 10 Eiern besteht. Die Brutzeit beträgt im Schnitt 24 Tage. Die Gelegeverluste werden als hoch beschrieben (Stubbe 1973). Die durchschnittliche Eieranzahl wird auch durch neuere Untersuchungen aus Frankreich bestätigt. Diese Anzahl der Eier war im Untersuchungszeitraum überwiegend konstant:

Art der Gelege
(Anzahl der untersuchten Gelege)
1995 1996 1997 2010 2011
Erstgelege 15,6
(51)
14,5
(77)
14,7
(60)
15,1
(33)
14,4
(48)
Zweitgelege 9,4
(20)
13,2
12)
10,7
(12)
12,2
(20)
11
(18)
Drittgelege 8
(1)
/ 7
(1)
11,2
(5)
9,7
(3)

Trotz der hohen Anzahl von gelegten Eiern führte im Schnitt jede Henne in diesen Jahren nur 3,3 bis 5,9 Jungvögel erfolgreich auf.

Anzahl von erfolgreich aufgezogenen Jungvögeln pro Henne 1995 1996 1997 2010 2011
5,1 5 3,3 5,9 5,7

Im Vergleich wurden in Polen pro Rebhuhn in den Jahren von 1991 bis 2004 1,6 bis 2,8 Jungen aufgezogen (Panek 2005). Dies entspricht 3,2 bis 5,6 Jungvögel pro brütende Henne.

1999 und 2000 führten in der Gemeinde Meißner in Hessen Rebhennen erfolgreich 4,2 bzw. 3,7 Jungvögel auf (Wübbenhorst 2002).

30 % der Gelege schlüpften in Frankreich im Jahr 2010 um den 20. Juni, 2011 waren es 48,5 %. Um den 30. Juni betrug die Schlupfrate dann 2010 bereits 56,3 % und 2011 66,2 %. Demnach sind nach dem 30. Juni noch 43,7 % bzw. 33,8 % der Eier geschlüpft (Bro und Millot 2013).

 

Sieht man Ende Juli noch ein ein Paar Rebhühner ohne Jungvögel ist dies ein Indiz, dass das jeweilige Brutpaar keinen Bruterfolg hatte. Die Anlage eines weiteren Geleges ist zu dieser Zeit kaum mehr zu erwarten. Es gilt jetzt darum die Verlustursache des Geleges oder der Jungvögel zu interpretieren und geeignete Maßnahmen für die nächsten Jahre zu treffen.