Südlich von Bischofsheim und nördlich von Trebur und in Astheim sind noch Feldhamstervorkommen vorhanden. Die Population wurde in diesem Bereich erst 2003 wiederentdeckt. Dies begründet sich darin, dass damals noch nicht bekannt war, dass auch grundwassergeprägte Standorte vom Feldhamster besiedelt werden, daher ist auch das Untersuchungsgebiet bei Trebur aus der damaligen Untersuchungskulisse ausgelassen worden (Gall 2011).
Der Populationsraum der Art beträgt 1.550 ha und weißt langjährige stabile Bauzahlen auf (HLNUG 2017a). Seit dem Artenhilfskonzept von 2007 gibt es in Hessen 2 Modelle um den Hamster zu fördern. Dabei handelt es sich um einen Nacherntestreifen oder um eine sogenannte Mutterzelle (Gall 2008). In dem Entwurf zum Artenhilfskonzept von 2017 wurde auch die Luzerneförderung und die Anlage von Blühstreifen als Maßnahme für den Feldhamster aufgenommen. Die Förderung von Luzernen ist die wirksamste Maßnahme für den Feldhamster und soll mit der Anlage von Nacherntestreifen und Mutterzellen kombiniert werden. Für die Kernflächen sind > 3 % Fläche von Luzerne oder Blühstreifen anzulegen (HLNUG 2017a).
Im Raum Trebur – Astheim wurden 13 Maßnahmen (12 Nacherntestreifen, 1 Mutterzelle) im Jahr 2013 für den Feldhamster durchgeführt. Im Rahmen einer Erfolgskontrolle wurden dabei 7 Maßnahmenflächen vom Feldhamster besetzt und 16 Baue kartiert. Der Erhaltungszustand wurde als schlecht, die Population zumindest als stabil eingestuft (Gall 2013).
Anlage von Nacherntestreifen
Laut dem Maßnahmenblatt von 2007 ist die Anlage des Nacherntestreifens wie folgt vorgesehen:
- Vertragsfläche ist jeweils ein Schlag. Pro Hektar Vertragsfläche wird mindestens ein Streifen angelegt.
- Auf den Vertragsflächen ist die Anwendung von Nagergiften untersagt.
- Erhalt eines Nacherntestreifens mit mindestens 2 m Breite ohne Getreideernte. Der Umbruch des Streifens erfolgt frühestens am 1.Oktober.
- Zusätzlich können ein Belassen von Stoppeln auf dem ganzen Feld bis 1. Oktober oder 1. März gefördert werden.
- Alternativ kann auch eine Anlage eines Ackerstreifens mit 30 cm Schnitthöhe und 5 m Breite honoriert werden (Gall 2008).
Bewertung und Optimierung der Maßnahme
Vielfach wird in Diskussionen der Nacherntestreifen des Feldhamsters für das Rebhuhn als positiv erachtet. Betrachtet man aber die Ansprüche des Rebhuhns an seinen Brutplatz, Winterdeckung und Nahrungsverfügung im Frühjahr und Winter sieht die Beurteilung des Nacherntestreifens des Feldhamsters nicht sehr förderlich für das Rebhuhn aus. Vielfach werden die Nacherntestreifen nicht als Brutplatz genutzt. Dies hat insbesondere 2 Gründe. Das Rebhuhn nutzt einerseits zu 80 % nur die 20 m breiten Randbereiche im Wintergetreide zur Anlage von Brutplätzen, die Nacherntestreifen liegen aber meist nicht am Rand der Schläge, sondern innerhalb der Schläge. Anderseits wird auf sehr ertragsstarken Standorten Wintergetreide aufgrund seiner hohen Dichte nur eingeschränkt als Brutplatz oder zur Kükenführung durch das Rebhuhn genutzt.
Da die Nacherntestreifen bereits Anfang Oktober entfernt werden können, bieten sie dem Rebhuhn in den Wintermonaten weder Nahrungsquelle noch Deckungsmöglichkeiten. Einzig das Belassen von Stoppeln bis zum 1. März auf dem gesamten Schlag bietet eine Deckungseignung für die Art im Winter.
Um den Nacherntestreifen auch für das Rebhuhn attraktiv zu gestalten, ist er an die Lebensraumansprüche des Rebhuhns anzupassen.
Als Brutplatz wird der Streifen nur interessant, wenn er eine Breite von 10 bis zu 20 m aufweist und sich am Schlagrand befindet und eine geringere Saatdichte aufweist. Eine Mindestbreite von 10 m sollte gewählt werden um den Streifen für das Rebhuhn als geeigneten Brutplatz identifizieren zu lassen. Auch der Feldhamster bevorzugt breite vor schmalen Streifen. Daher sollten die 2 m breiten Streifen auch zusammengelegt werden um eine deutliche Effizienzsteigerung zu erreichen. Im Untersuchungsgebiet werden meist 3 Streifen je 2 m zusammengelegt.
Die Dichte des Getreidestreifens kann durch eine geringere Aussaatmenge in diesem Bereich reduziert werden. Positiv beeinflusst werden kann die Annahme durch das Rebhuhn durch einen angrenzenden bewachsenen Grasweg oder ähnliche Strukturen, welcher zur Kükenführung genutzt wird, anschließen können Sommergetreide oder Hackfrüchte. Schläge mit Mais oder Raps sollten gemieden werden, da diese aufgrund ihrer Deckungseignung auch vermehrt von Füchsen als Tageseinstand genutzt werden.
Durch die späte Bewirtschaftung des Getreidestreifens kann auch der Verlust von Küken sowie des Erst- und Zweitgeleges vermieden werden. Die Optimierung des Streifens stellt eine sehr einfache Methode dar geeignete Brutplätze für die Art zu schaffen. Die Verringerung der Aussaatstärke lässt sich an der Saatmaschine durch das Verschließen einzelner Saatpfeifen nur mit einem geringen Aufwand verwirklichen. Es sollte darauf geachtet werden, dass bei einem 20 m breiten Streifen die Vergrößerung des Reihenabstands die Hälfte des Nacherntestreifens beträgt um weiterhin für den Hamster attraktiv zu sein und ihm ausreichend Deckung vor Fressfeinden zu bieten. Bei der Lage des Streifens an den Schlaggrenzen ist es auch möglich auf den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln zu verzichten, was sich auch für das Rebhuhn positiv auswirkt und mit geringeren Bewirtschaftungskosten für den Landwirt einhergeht. Durch die jährliche Rotation der Wintergetreidefläche können im folgenden Jahr auf dieser Fläche wieder Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Mit erhöhten Kosten für die Unkrautbekämpfung ist nicht zu rechnen, da sich die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln an der Flächengröße und nicht an der Menge aufkommender Wildpflanzen richtet.
Im Vergleich zum Nacherntestreifens aus dem Hamsterprogramm ist der 10 bis 20 m breite optimierte Nacherntestreifen gut als Brutplatz geeignet, die Nahrungsverfügbarkeit für die Jungvögel ist abhängig davon, ob der Streifen weiterhin mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wird oder ob angrenzend attraktive Nahrung auf Graswegen oder ähnlichem geboten wird. Zumindest ermöglicht der verringerte Reihenabstand eine Anlage eines Geleges sowie ein Führen der Rebhuhnküken.
Deckungsmöglichkeiten im Winter sind nur gegeben, wenn die Stoppelbrachen wie beim Hamstermodell bis im März verbleiben. Ein Entfernen des Streifens im Oktober stellt keine ausreichende Deckungsmöglichkeit dar.
Bei der Optimierung des Nacherntestreifens sollte sich auf die Funktion als Brutplatz konzentriert werden. Eine weitere Verbreiterung sollte den Landwirten damals nicht zugemutet werden, da die Getreidepreise erheblich angezogen sind (Gall 2008).
Der optimierte Streifen stellt aber eine gute Möglichkeit dar in den Betriebsablauf des Landwirtes integriert zu werden. Die aktuelle Förderung beträgt bis zu 3.000 € pro ha und Vertragsfläche und stellt ist für den Landwirt als sehr attraktiv dar.
Im Jahr 2006 betrug der Importpreis von US-Weizen 240 € pro Tonne und ist sogar in der ersten Hälfte 2008 auf den Wert von 382 € gestiegen (Proplanta 2009). Dagegen betrug der Weizenpreis im Durchschnitt in Hessen im Jahr 2017 lediglich 150 -160 € pro Tonne (Deutscher Landwirtschaftsverlag GmbH 2017). Aufgrund der aktuellen Marktsituation sollte daher eine Verbreiterung der Streifen bzw. eine bereichsweise verringerte Reihendichte in Bezug auf die Vergütung durch die Maßnahme weiterhin sehr attraktiv sein.
Die durchschnittliche Erntemenge für den Landkreis Groß-Gerau betrugen im Winterweizen:
Durchschnittliche Erntemenge Winterweizen für den Landkreis Groß-Gerau (2012-1016)
Jahr | 2012 (HSLA 2013) |
2013 | 2014 (HSLA 2015) |
2015 (HSLA 2016) |
2016 (HSLA 2017) |
Durchschnittsertrag dt/ha |
Ertragsmenge dt/ha |
58,7 | Keine Werte verfügbar | 80,2 | 75,1 | 66,2 | 70,05 |
Bei der betrachteten Durchschnittsmenge von 70,05 dt/ha beträgt der Ertrag aktuell ca. 1.050 € bis 1.120 € / ha (Stand 2018). Einfachhalber wurden in diesem Zusammenhang auf die Gegenrechnung von Arbeits-, Maschinen- und sonstigen Kosten verzichtet.
Im Artenschutzkonzept vom Feldhamster wird empfohlen ein Netzwerk von Maßnahmen zu schaffen. Die Streifen sollen nicht weiter als 300 bis 400 m entfernt liegen und dienen dem Biotopverbund (Gall 2008). Bei einer Anlage in dieser Dichte können im Vorkommensbereich des Feldhamsters nordöstlich von Trebur bis nach Astheim sowie bei Bischofsheim auch zahlreiche Brutbiotope für das Rebhuhn geschaffen werden.
Bewertung Feldhamsternacherntestreifen
Brutdeckung | Insektennahrung | Winternahrung | Winterdeckung |
– | – | o | – |
Eignung: ++ = sehr gut, + = gut, o = mittel, – nicht gegeben
Beim optimierten Feldhamsterstreifen mit doppelten Reihenabstand, dem Verzicht von Pflanzenschutzmitteln und der Lage am Rand des Schlags ist der Streifen wie folgt zu bewerten:
Bewertung optimierter Feldhamsternacherntestreifen
Brutdeckung | Insektennahrung | Winternahrung | Winterdeckung |
+ | o bis + | o | – |
Eignung: ++ = sehr gut, + = gut, o = mittel, – nicht gegeben
Synergieeffekte für andere Arten
Von der Optimierung der Nacherntestreifen kann auch die Grauammer profitieren. Welche die Fläche als Brutplatz oder zum Fang von Insekten nutzen kann. Besonders der optimierte Reihenabstand sagt der Art zu (Sacher und Bauschmann 2011).
Auch die Feldlerche kann den optimierten Hamsterstreifen als Brutplatz nutzen.
Mutterzelle
Eine weitere Möglichkeit die Hamsterpopulation zu stärken ist die Hamstermutterzelle.
Dabei handelt es sich um einen 40 x 40 m breite Fläche (1.600 m²), welcher bis zum 1. Oktober nicht geerntet wird.
Da die Mutterzelle eher innerhalb eines Wintergetreideschlages bestehen bleibt, ist eine Annahme des Rebhuhns als Brutplatz eher auszuschließen. Es wird daher eine Optimierung der Maßnahme nicht in Betracht gezogen.